Richard III. (Schaubühne)

tAMtAM war in der Schaubühne bei Richard III., Shakespeares buckligen (© Thomas Ostermeier) Bösewicht, aus dessen monologischen Ergüssen sowohl Friedrich Schiller als auch die Macher von House of Cards geklaut haben.

In der 1633 uraufgeführten Tragödie um “Englands finsteren König” (← ADDITIONAL INFORMATION HERE) geht es kurz gesagt um:

IMG_3490

(Macht)

 

IMG_3491

(Konkurrenz aufgrund sexuell aufgeladener Machtphantasien)

IMG_3492

(Tod)

Auffällig ist vor allem das Bühnenbild: Jan Pappelbaum hat aus dem kleinsten Saal des Mendelsohn-Baus ein zeitgenössisches Globe Theatre gemacht (Fotos: HIER) – das Publikum sitzt im Halbrund vor der Bühne, deren schräge Plattform mit Sand bedeckt ist, guckt auf eine Unsanierter-Berliner-Hinterhof-Underground-Club-in-Abrisshaus-Fassade und wird gelegentlich mit Konfettikanonen beschossen (siehe oben – tAMtAMs Trophäe des Abends).

Lars Eidinger als Richard III. spielt den gesellschaftlich unterschätzten Krüppel, der vornerum harmlos-lieb tut und hintenrum auf Rache sinnt für erlittene Diskriminierungen. Das klingt ein bisschen nach Verdi-Oper und genau das ist für tAMtAM auch das Bedauerliche an diesem Abend: Trotz eines unglaublich engagierten Ensembles und des grandiosen Bühnenbilds (tAMtAM benutzt selten derart euphorisierte Adjektive. Hier aber schon.), hat alles eine fast schon altbackene Pathetik, eine Ernsthaftigkeit, die weder mit dem Setting noch mit den Fähigkeiten der Akteure zusammengeht. Daran ändern leider auch die Schlagzeug-(live)- und Elektro-(Konserve)-Einlagen nichts. Im Gegenteil, nach den eingestandenermaßen absolut fetten ersten 10 Minuten wirkt das Sound-Konzept immer hölzerner. Ein talentierter Drummer sitzt auf der Bühne und als einzige szenische Einbindung wird er nach anderthalb Stunden aufgefordert, doch bitte mit dem Spielen aufzuhören. Hm.
Zentrales Element des Bühnenbilds ist ein von der Decke baumelndes Mikrophon, in das eine Kamera mit Beleuchtung integriert ist und das ausschließlich von Richard benutzt wird, mal als Schaukel, Gymnastikseil oder intimisierendes Kommunikationsgerät. Warum Eidinger manchmal in das Mikro spricht und manchmal nicht, hat tAMtAM nicht kapiert, vielleicht war das auch eine (Achtung, tAMtAM probiert theaterwissenschaftliche Sprachakrobatik:) dadaistische Dekonstruktion regietheatraler Inszenierungs-Systematik und hatte überhaupt keinen Sinn.

Das Kamera-Mikrophon sorgte allerdings durch Arbeitsverweigerung für den einzigen länger als 10 Sekunden dauernden Witz des Abends. Es brauchte Eidinger, Christoph Gawenda und zwei Tontechniker, um es zu bezwingen und tAMtAM hatte danach den Eindruck, dass diese Inszenierung davon profitiert hätte, mehr auf das improvisatorische Talent ihrer Schauspieler zu setzen.

So war es trotz Kartoffeln mit Quark, Synthetik-Buckel, Robert Beyer als vertrocknete Königswitwe und Richard III. in Korsett und Strumpfhosen eine irgendwie humorlose Angelegenheit da in der Schaubühne und noch Stunden später waberte das Wörtchen VERSCHENKT in allerlei Konstellationen durch tAMtAMs Kopf.

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.