Es ist August und tAMtAM tuckert tief im Post-Urlaubs-Trauma nach – HAMBURG.
Dort haben die netten Menschen vom Kampnagel einige Tonnen Rindenmulch auf ihren Hof gekippt und veranstalten darauf ein Sommerfestival mit Austellungen, Performances, Konzerten.
Auf die Frage nach Karten für den Auftritt von Yoko Ono & Thurston Moore entstehen an der Abendkasse nur noch ermüdete Mundwinkel-Zuckungen, tAMtAM ergattert dafür Tickets für Dark Material, einer Performance von Jeremy Wade, Xiu Xiu und Monika Grzymala, sowie für den SOUND OF SILENCE-Simon&Garfunkel-Abend von Jan Plewka.
Dark Material soll wie Eintopf funktionieren: Man verköchelt drei unterschiedliche Zutaten miteinander (hier: Zeitgenössischer Tanz, Kunst, Musik), bis sie irgendwie eins werden. Monika Grzymala arbeitet mit schwarzen Linien (mal aus Tape, mal projiziert), die den Raum optisch dominieren und den beiden Tänzern von Jeremy Wade zumindest gelegentlich klare Beschränkungen vorgeben. Weil tAMtAM das Programmheft vorher nicht gelesen hat, bleibt die Choreografie während der Vorführung ein etwas vager Ausdruck menschlicher Annäherung.
Dagegen bombt die Musik von Xiu Xiu komplett weg – angefangen vom Trommelfell (zu Beginn werden Ohrenstöpsel verteilt) bis hin zu allem anderen, was an diesem Abend stattfindet. Ob Linien und schnaufende Tänzer auch ohne Xiu Xiu funktioniert hätten, sei dahingestellt, fest steht: Xiu Xiu funktioniert ohne sie, bei geschlossenen Augen, und erzählt dabei mehr von Abgründen, von den Grenzen, die niemand so recht erforschen will, als verschobene Tape-Ballen.
Vielleicht ist das Musik, die einfach zu extrem ist, um eine Darstellung zuzulassen. tAMtAM überlegt nach diesem Abend, ob da – einige Jährchen nach Ludwig von B. & Konsorten – wohl eine neue Form der absoluten Musik aufgetaucht ist.
SOUND OF SILENCE am nächsten Abend ist dann das Kontrastprogramm; statt den Kunst-Kennern sitzen da hauptsächlich Simon&Garfunkel-Fans, die mal wieder ihre Lieblings-Songs mitgrölen wollen. Jan Plewka singt normalerweise bei der Band Selig, hat es nicht ganz so mit den leisen Tönen (vor allem beim namengebenden Song), beweist dafür aber die Fähigkeiten eines entertainenden Zirkusdirektors: Die einzelnen Nummern sind zwar inszeniert, eine inhaltliche Linie gibt es aber irgendwie nicht (außer dass sie halt alle von S&G sind, Mensch!). Trotzdem wirds fast nie langweilig, was sicherlich auch an der großartigen Band liegt, die Plewka mitgebracht hat. Musiker auf der Bühne dabei zu beobachten, wie sie Spaß beim Spielen haben, macht tAMtAM halt irgendwie froh.
Weitere Highlights: Eine Saxophon-spielende Diskokugel, ein schüchterndes Mädchen am Klavier, im Publikum platzierte Sänger, Taschenlampen-Choreo bei der obligatorischen Biographie-Einlage, eine Mrs. Robinson-Video-Installations-Performance und 257915 Zugaben.
tAMtAMs muss nach diesem Abend seine Bewertung von Cover-Bands nochmal grundlegend überdenken.
(tAMtAM versinkt im Anschluss wieder in der Sommer-Lethargie und erwacht erst, als Anfang September der Berliner Herbst hereinregnet.)