Die Entführung aus dem Serail. (Komische Oper)

Die schlimmsten irdischen Qualen lauern, wenn eine menschliche Anhäufung von Zellgruppen (und Hautschuppen) bereits das Zeitliche gesegnet hat. Wolfgang A. aus S. berichtet schaudernd: “Ich fand es immer curiös, das geschwätze was die Leute über die Musique herumlaufen zu lassen beliebten, heimlich zu belauschen. (Die postmortale menschliche Seele ist möglicherweise unsichtbar, Anm. d. Autorin) Doch es wurd mir leid, als ich eynes Tages das hier observierte.”

Herr A. fühlt sich nun zutiefst verunsichert: “ich bin, ich war, ich wär, ich bin gewesen, ich war gewesen, ich wär gewesen, o wenn ich wäre, o daß ich wäre, wollte gott ich wäre, ich wurde seyn, ich werde seyn, wenn ich seyn würde, o das ich seyn würde, ich wurde gewesen, ich werde gewesen seyn, o wenn ich gewesen wäre, o daß ich gewesen wäre, wolltegott ich wäre gewesen, was? – ein stockfisch.”

 

Kann also Mozart noch Schlimmeres zustoßen? Einige Zuschauer, die am Abend des 11. April in den Plüschsesseln der Komischen Oper thronen, kommen da offenbar zu allerhand neuen Erkenntnissen.

(Reaktion auf Bassa Selims Dirty Talk mit Konstanze.)

“O dreck”, stöhnt Wolfgang A., “Einsiedler-Krebse.”

Was war geschehen? Seit der Premiere am 20. Juni 2004 rumort der Magen der Feuilletons, weil der katalanische Regisseur Calixto Bieito ihnen Mozarts SERAIL als Großstadtbordell serviert hat. Auch bei der ersten Wiederaufnahme im Jahr 2007 fanden Publikum und Kritiker die Inszenierung schlecht für die Wahrheit, schlecht für den Wolfgang, schlecht für den Plot.

Nun, im Jahr 2012 und mit der zweiten Wiederaufnahme, sitzen ganz offensichtlich einige Individuen im Publikum, an denen der gesammelte Feuilleton-Wust der vergangenen acht Jahre unbemerkt vorbeigezogen ist. Ein Phänomen! Menschen, frei vom giftigen Meinungsmacher-Atem der Medien!
Den Preis hierfür zahlen die anderen Zuschauer. Er klingt so:

Fiep.

Das Hörgerät ist die neue Waffe des etablierten Opernpublikums. Früher oder später vertreibt sie alle, die Geräusche mit einer Frequenz über 800 Hz wahrnehmen können.

Doch was geschah denn nun Skandalöses in dieser ENTFÜHRUNG? tAMtAM hat während der Vorstellung eine Strichliste geführt, um die Schockmomente zu kanalisieren:

Bieitos Entführung in der Komischen Oper. Liste © tAMtAM berlin.

Wem es da an Klassik fehlt, der kann es ja mit der Rock-Oper versuchen. tAMtAM schlägt vor: Musik in der Komischen Oper hören, Kostüme mit dem IPad bei YouTube angucken, wenn möglich das Hörgerät abstellen und während der Vorstellung weder grunzen noch schnarchen – fertig ist ein ersprießlicher Opernabend für alle.

Abschließend noch etwas zu den modischen Höhepunkten:

 

Weitere Aufführungen am 18. April, sowie am 4., 11. und 16. Mai.

Worum es in Mozart’s ENTFÜHRUNG AUS DEM SERAIL geht?
Erfahre hier mehr über das Grundprinzip der Handlung.

 

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.